Description:
|
Der vom Verlag gewählte Titel ist leider ziemlich irreführend gewählt, suggeriert er doch, dass im Buddhismus Weisheit geschlechtsspezifische wäre, was aber nicht zutrifft. Nichtsdestotrotz ist diese Sammlung von Belehrungen, gehalten zwischen 1996 und 1998, für interessierte Neueinsteiger gleichermaßen geeignet wie für bereits Erfahrenere. Das Buch erhebt keinen Anspruch darauf, in irgendeiner Weise erschöpfende Analysen zu den 14 behandelten Themenkreisen zu bieten, weil die Vorträge immer frei geprochen wurden. Daher ist auch eine gewisse Überschneidung mit jenen in Tenzin Palmos neuerem Büchlein "Lebendige Lehren für unsere Zeit" unvermeidbar. Die Stärke ihrer Ausführungen liegt darin, dass sie durch Studium fundiert und authentisch, jedoch aufgrund von Tenzin Palmos reichen Meditationserfahrung und westlichen Herkunft niemals von unseren Alltagserfahrungen abgekoppelt sind (der Untertitel der englischen Originalausgabe "Teachings on Practical Buddhism" streicht dies deutlich heraus). Sehr kompakt, jedoch "rund" gelungen sind die Kapitel zu Vajrayana, Yidam-Praxis (ihre Erklärungen zu den 3 Arten von Buddha-Aspekten finden sich nur selten in Büchern zum tibetischen Buddhismus) und zur Rolle des Lehrers. Ihre Warnung davor, nicht gierig und wahllos Ermächtigungen zu sammeln, bei denen man Verpflichtungen eingeht und sich damit dann zu überfordern (was meistens dazu führt, dass diese täglichen Praxisverpflichtungen dann eher automatisch abgespult wird, weil man sie ja "machen muss") ist für uns Praktizierende im Westen sicher wertvoll; ebenso ihre Anmerkungen zum Lehrer-Schüler-Verhältnis und seinen Gefahren. Ergänzend finden sich u.a. Betrachtungen zu "Frauen und der Weg" oder "Schwierige Punkte für Menschen der westlichen Welt", sowie eine einsichtsvolle Erörterung von Fragen um Karma und Wiedergeburt. Manche der Aussagen, wie z.B. das Zitat ihres Lehrers Khamtrul Rinpoche, nicht alles, was in den Sutras so steht sei auch ernst zu nehmen, sind durchaus provokant und können kontroversiell gesehen werden. Zumindest regen sie zum Nachdenken und Nachfragen an. Das Buch ist gut übersetzt, leider finden sich jedoch einzelne Druckfehler. Ani Tenzin Palmo, 1943 in London geboren, wurde im Alter von 21 Jahren– als eine der ersten Frauen der westlichen Welt – in der Drukpa Kagyü-Tradition als Nonne ordiniert. Nach zwölf Jahren der Unterweisung zog sie sich in eine Höhle in Lahoul, Indien zurück, um sich weitere zwölf Jahre in Zurückziehung ganz der Meditation zu widmen. Sie ist heute die "dienstälteste" noch lebende, westliche voll ordinierte Nonne. Dr. Georg Schober |