Karmapas Meditationsanleitung - 19.04.2020

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19.04.2020

In seiner jüngsten Meditation für unsere Zeit reflektiert Thaye Dorje, Seine Heiligkeit der 17. Gyalwa Karmapa, den Mut der Beschäftigten im Gesundheitswesen und all derer an vorderster Front und hinter den Kulissen.



 
Es gibt keine (absolute) Heilung.

Das in einem spirituellen Kontext zu sagen, könnte scheinbar dem ganzen Zweck der spirituellen Praxis widersprechen. Wir könnten fragen: "Warum sollten wir dann praktizieren?"

Der Zweck der spirituellen Praxis ist eigentlich ein Weg, um mit Sicherheit zu erkennen, dass der Versuch, eine absolute Heilung zu finden, sinnlos ist. Es gibt keinen Weg. Wenn man dies erkennt, wird der Patient/die Patientin paradoxerweise Mut aufbringen. Darüber hinaus können wir verstehen, dass in einem spirituellen Kontext das Finden von Heilmitteln nur eine zweckdienliche Methode ist, wie einem Kind zu sagen, das immer wieder fragt: "Sind wir schon da?" "Ja, wir sind fast da" – als gäbe es einen Weg, den Tod zu heilen.

Aber das ist alles, was es zu dieser Sache, die 'ein Heilmittel' genannt wird, gibt.

Noch einmal, bedeutet das aus der Perspektive eines Patienten/einer Patientin, dass wir anfangen sollten, stoisch zu sein und Fatalismus zu praktizieren?

Eine unverblümte Antwort lautet: Nein!'

Eine natürliche Antwort lautet: "Es gibt keine Antwort."

Wenn wir uns die unzähligen Ärzt*innen, Krankenschwestern/Pfleger, Hausmeister*innen, die Systeme, die sie unterstützen, das gesamte Gesundheitssystem – kurz gesagt, alle Menschen, die an vorderster Front stehen und diejenigen, die hinter den Kulissen stehen – betrachten, werden wir Zeuge ihres Mutes und ihrer selbstlosen Taten. Wenn wir sie fragen, warum sie tun, was sie tun, egal wie unterschiedlich ihre individuellen Antworten auch sein mögen, werden wir feststellen, dass sie letztendlich zu einer gemeinsamen Antwort zusammenlaufen: im Grunde wissen sie es nicht wirklich. Und wenn wir sehen, dass sie trotzdem vorangehen und es trotzdem tun, schmilzt es unser Herz und bewegt uns zu Tränen.

Also abgesehen von der bloßen Wahrheit der Absicht der spirituellen Praxis, uns zu zeigen, dass es keine Heilung gibt, bieten solche Fürsorgehandlungen eine ganz natürliche Sicht auf Mitgefühl. Begründungen und Logik einer absoluten Heilung, mit der wir in unseren verschiedenen Kulturen aufgewachsen sind, gelten nicht. Wenn wir das in einem weltlichen Rahmen darstellen, ist es wie eine stumme Person, die versucht, eine Botschaft zu vermitteln: auch wenn diese gedämpfte Botschaft in keiner Weise eloquent sein mag, wenn wir genau zuhören, kann die Botschaft gehört und verstanden werden.

Mitgefühl ist ein einfacher Begriff, aber er könnte uns helfen zu erklären, warum wir bewegt sind, wenn wir selbstlose Handlungen von den Menschen an der Front und denen hinter den Kulissen erleben. Diese Medizin-Männer und -Frauen wissen, dass für diejenigen, die diese Pandemie überleben, eine Heilung gefunden werden kann, aber das Muster der menschlichen Existenz ist so, dass wir bald auf eine andere Herausforderung stoßen. Darüber hinaus wissen sie, dass für die Schwerkranken ihre Bemühungen und ihr Mut sinnlos sind.

Dennoch schlägt der unglaubliche Rhythmus ihrer Herzen weiterhin für eine ursachenlose Ursache. Wenn ihr Beispiel nicht Grund genug ist, Vertrauen in die spirituelle Praxis zu haben, besonders für uns als Buddhist*innen, weiß ich nicht, was es sonst noch gibt. Es ist so lebendig und klar. Keine Sprache ist notwendig, um mit ihrem Mut in Beziehung treten zu können.

Also, liebe Dharma-Freund*innen, übt freundlicherweise ohne Druck, eine absolute Heilung zu finden. Übt einfach wie diese Held*innen.

Dann wird, besser als eine Heilung, jeder Moment, in dem wir leben, eine Hommage an diese Krieger*innen sein. Diese Krieger*innen ohne Ursache.

Dann wird es, wie lange immer wir leben, ein gut gelebtes Leben sein.

www.karmapa.org
 

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