Karmapas Meditation zum Phänomen der Nostalgie - 26.06.2020

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26. Juni 2020

In seiner jüngsten Meditation für unsere Zeit erforscht Thaye Dorje, Seine Heiligkeit der 17. Gyalwa Karmapa, das Phänomen der Nostalgie nach beunruhigenden Erfahrungen.



Trauma, Krisen und beunruhigende Erfahrungen sind Bestandteile des menschlichen Lebens.

Wir mögen sie nicht, aber wenn diese Art von Erfahrung uns schon seit einiger Zeit begleitet hat – zum Beispiel, wenn wir durch einen langen Schneesturm in einer Hütte eingeschlossen waren – entsteht seltsamerweise eine unerwartete Verbindung damit.

Aufgrund der Entwicklung dieser unbeabsichtigten Bindung vermissen wir dieses Erlebnis, wenn es einmal vorbei ist.

Normalerweise wäre hier keine weitere Erklärung oder Interpretation nötig, aber wenn wir versuchen, einen Grund dafür zu bezeichnen, warum dies doch der Fall sein könnte, dann wäre das in etwa so:

Obwohl die mit dem beunruhigenden Erlebnis entstandene Verbindung nicht etwas war, was unsererseits von Vornherein erwünscht war, so war sie doch letztendlich eine enge.

Aufgrund der Situation ist eine seltsame Freundschaft entstanden und in gewisser Weise kann die etwas sein, das uns vertrauter wird als jede andere Beziehung.

Aber alles muss und wird zu einem Ende kommen – nun ja, zumindest dem Anschein nach.

Dann vermissen wir es aus irgendeinem merkwürdigen Grund.

Die beunruhigenden Erlebnisse klingen weitaus länger nach als unsere so genannten guten Erfahrungen.

Diese Art von Nostalgie könnte als Beispiel für die merkwürdige Natur oder Lage menschlicher Wesen angesehen werden: „Gute“ Erfahrungen werden in gewisser Weise überbewertet – obwohl es natürlich auch möglich ist, dass eine angenehme Erfahrung das gleiche Potential hat, diese Nostalgie hervorzurufen.

Aber für mich entfacht diese Aussage meine buddhistische Gewohnheit, – ????????? – sKyo Shes.

„Abneigung“ ist die Übersetzung, die ich in einem Wörterbuch gefunden habe, aber ich könnte es auch mit „Leid (an)erkennen“ übersetzen.

Versteht, dass dieses `Leiden (an)erkennen´ ein wesentlicher Teil buddhistischer Praxis ist.

Das liegt nicht daran, dass Buddhisten Leid lieben.

Stattdessen bedeutet das (An)erkennen von Leiden, zunächst einmal zu sehen, dass Leid ein chaotisches Phänomen ist, und dann ebenso zu akzeptieren, dass dieses chaotische Phänomen eine notwendige Würze darstellt, die eine Art von Erfüllung oder Gesundheit ins Lebens bringt.

Das ist der Grund, warum Buddhisten diese Methode anwenden.

Gutes Essen ist Nahrung, die einen Schuss oder eine Prise von starkem Gewürz enthält.

In unserem Leben ist dieses Gewürz seltsamerweise nichts anderes als dieses Leid.

Es ist ein Gewürz, das ein gutes Leben ausmacht.

Ein Leben mit einem gewissen Anteil von Leid ist sozusagen ein gut gewürztes Leben.

Somit ist ein Buddhist also nicht notwendigerweise ein Koch, aber doch jemand, der interessantes Essen mag.

Diese Nostalgie nach der Krise mag daher rühren, dass unsere gewohnten, sogenannten „normalen“, guten und friedlichen Erfahrungen irgendwie fade sind – das heißt, es fehlt ihnen an Würze.

Das bedeutet jedoch nicht, dass wir anfangen müssen, nach Ärger zu suchen, oder dass wir uns auf die Praxis als eine Methode zur Suche nach Schwierigkeiten beziehen sollten. (Obwohl ich zugeben muss, dass Praxis tatsächlich etwas mit der Suche nach Problemen zu tun hat – aber das ist nicht ihr Hauptzweck.)

Wir leben inmitten von Problemen und genau genommen ist gerade diese menschliche Erfahrung ein Problem.

Also müssen wir nicht nach ihnen suchen.

Aber ohne Frömmelei anzuerkennen, dass dies zutrifft, hat eine Qualität.

Ich denke, das ist die eigentliche Bedeutung von ???????????  [`Leiden (an)erkennen´].

Auch wird die Erkenntnis, dass die Praxis von ????????? wie ein Stock ist, der nicht mehr benötigt wird, sobald wir in der Lage sind, auf unseren eigenen beiden Beinen zu gehen, uns helfen, die Praxis loszulassen, sobald wir erkannt haben, was wir erkennen wollen.

www.karmapa.org
 

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